Mariah Lange ist Stipendiatin des neuen Bachmann-Strauss Fellowships, eines gemeinsamen Ausbildungsprogramms der Bachmann-Strauss Foundation und der Michael J. Fox Foundation zur Erforschung von Dystonie und der Parkinson-Erkrankung. Das hochkompetitive Stipendium wurde erstmals an zwei Zentren vergeben. Eines davon ist das Institut für Neurogenetik der Universität zu Lübeck unter der Leitung von Prof. Christine Klein.
Mit dem Stipendium sollen vielversprechende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler unterstützt werden, die an Ursachen und Auswirkungen der Dystonie, der weltweit dritthäufigsten Bewegungsstörung und mögliches Begleitsymptom der Parkinson-Krankheit, forschen.
Dystonien gehören zur Gruppe der Bewegungsstörungen und sind durch unwillkürliche und anhaltende Muskelanspannungen gekennzeichnet, die zu ungewöhnlichen und teilweise schmerzhaften Bewegungen und Körperhaltungen führen. Betroffene sind im Alltag und im Beruf häufig stark eingeschränkt, da wichtige Körperfunktionen wie Sprechen, Essen oder Sehen beeinträchtigt sein können. Dystonien können verschiedene Körperregionen betreffen und vielfältige Ausprägungen haben. Sie entstehen in den Bewegungszentren des Gehirns und zählen daher zu den neurologischen Erkrankungen. Die genaue Ursache ist meist nicht bekannt, jedoch liegt häufig eine Kombination aus genetischen Faktoren und äußeren Einflüssen vor. Außerdem können Dystonien als Begleitsymptom von Stoffwechselerkrankungen oder der Parkinson-Erkrankung auftreten.
Der Forschungsschwerpunkt des Instituts für Neurogenetik liegt dabei auf den erblichen Formen der Dystonien. Genetische Dystonien sind seltene Erkrankungen, für die es aktuell aufgrund der weitestgehend noch unbekannten Krankheitsentstehung keine an der Ursache ansetzenden Therapiemöglichkeiten gibt. Es kommen daher sowohl bei genetischen als auch bei nicht-genetischen Dystonien medikamentöse oder operative Therapien zum Einsatz.
Um die Entwicklung neuer Therapieansätze zur Vorbeugung, Linderung und Heilung der Parkinson-Erkrankung und Dystonien zu beschleunigen, hat die Michael J. Fox Foundation, der weltweit größte gemeinnützige Geldgeber für die Parkinson-Forschung, zusammen mit der Bachmann-Strauss Foundation das Bachmann-Strauss Fellowship ins Leben gerufen.
Zu den diesjährigen Zentren, die mit dem hochdotierten Stipendium ausgezeichnet wurden, gehört neben der Universität zu Lübeck noch die Yale University.
Lara Mariah Lange, Clinician Scientist am Institut für Neurogenetik der Universität zu Lübeck, wurde als eine von zwei Stipendiatinnen und Stipendiaten von einem Gutachterkomitee aus einem hochkompetitiven Bewerbungsprozess ausgewählt. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die klinische und molekulare Neurogenetik von Bewegungsstörungen, insbesondere genetisch bedingter Parkinson-Syndrome und Dystonien. Frau Lange hat bereits als Studentin im Rahmen ihrer medizinischen Doktorarbeit am Institut für Neurogenetik zu genetischen Dystonien geforscht. Ihre Dissertationsschrift hat sie zum Thema Genotyp-Phänotyp-Korrelationen bei monogenen, isolierten Dystonien angefertigt und auch bereits erfolgreich zu dem Thema veröffentlicht.
„Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung meiner Mentorinnen und Mentoren und für die vielen Möglichkeiten, die mir als Nachwuchswissenschaftlerin von ihnen und dem Institut für Neurogenetik zur Verfügung gestellt werden. Ich freue mich auf die spannen-den Projekte und hoffe, dass wir damit unseren Kenntnisstand zu genetischen Dystonien bedeutend erweitern können.“ berichtet Lara Mariah Lange.
Im Rahmen der zweijährigen Förderperiode stehen der Stipendiatin 150.000 USD zur Verfügung. Sie wird in ihren Projekten sowohl klinische als auch genetische Untersuchungen durchführen, mit dem Ziel, die Rolle von bekannten und neuen Genmutationen auf die (variable) Ausprägung der Erkrankungen sowie deren Mechanismen weiter aufzuklären.
„Das Projekt von Frau Lange ist international angelegt – es sind ca. 100 Zentren geplant – und wird dazu beitragen, dass eine sehr große Anzahl von klinischen Daten und Proben in das Projekt eingehen.“ erklärt Prof. Christine Klein. Sie ist Teil des fünfköpfigen Teams aus Mentorinnen und Mentoren aus den Instituten für Neurogenetik und Systemische Motorikforschung sowie der Sektion für Bewegungsstörungen der Klinik für Neurologie, das Lara Mariah Lange während der Laufzeit des Stipendiums mit seiner klinischen und grundlagenwissenschaftlichen Expertise unterstützen wird.
Das Institut für Neurogenetik ist ein führendes Forschungszentrum auf dem Gebiet der Genetik von Bewegungsstörungen mit einem Schwerpunkt auf Parkinson und Dystonie. Der Fokus der Forschung liegt auf der Identifizierung neuer genetischer Ursachen und Einflussfaktoren der Dystonie, dem Aufbau einer internationalen Patientenkohorte und der Bestimmung von Biomarkern und potenziellen Zielstrukturen für neue Therapien der Dystonie.
Mariah Lara Lange Foto: © Christoph Westenberger
STIMTOX-CD
Bei der zervikalen Dystonie ist die Behandlung mittels wiederholter Botulinumtoxin-Injektionen als Therapie der ersten Wahl nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) anzusehen. Leider profitieren jedoch nicht alle Patient*Innen im gewünschten Ausmaß von dieser Behandlung. Die Gründe dafür sind vielfältig; neben einer nicht ausreichenden Wirkung können Nebenwirkungen wie Schluckstörungen oder Kopfhalteschwäche den Therapieerfolg begrenzen. Die Tiefe Hirnstimulation (THS) des Globus pallidus internus (GPi) ist erwiesenermaßen bezüglich einer Verbesserung von Kopfhaltung, Schmerzen und Lebensqualität bei Patienten mit zervikaler Dystonie effektiv (Volkmann et al., Lancet Neurology, 2014). Patient*Innen, die in der damaligen Zulassungsstudie eingeschlossen wurden, waren jedoch vollständige Therapieversagende für eine Behandlung mit Botulinumtoxin. Die Operation wird daher derzeit nur als Behandlungsoption bei Patient*Innen mit zervikaler Dystonie mit einem Therapieversagen auf Botulinumtoxin empfohlen. In der StimTox-CD Studie untersuchen wir seit 2017, ob auch bei weniger stark betroffenen Patient*Innen die zwar teilweise aber letztlich nicht zufriedenstellend auf Botulinumtoxin ansprechen, die Behandlung mittels tiefer Hirnstimulation Vorteile gegenüber der Botulinumtoxin-Therapie bietet.
Die Studie wendet sich daher ausdrücklich an Patient*Innen die mit dem derzeitigen Behandlungserfolg der Botulinumtoxin-Therapie nicht zufrieden sind und daher über die Behandlungsalternative einer THS-OP nachdenken. Interessierte Patient*Innen können sich gerne an eines der teilnehmenden Studienzentren (Universitätskliniken in Würzburg (koordinierendes Zentrum), Tübingen, Dresden, Magdeburg, Köln, Düsseldorf, Hannover, Hamburg, Lübeck, Kiel, Rostock und Hamburg) wenden, um sich über die Behandlung mit THS und die Teilnahme an der StimTox-CD Studie informieren zu lassen. Seit Beginn der Rekrutierung wurden bislang bereits 33 Patient*Innen im Rahmen der Studie operiert, damit wurde die Hälfte der geplanten Einschlüsse erreicht.
Bei allen Patient*Innen wird geprüft, ob die Botulinumtoxintherapie noch zu optimieren ist und wie gut das Ansprechen auf die Botulinumtoxin-Therapie ist. Alle Patient*Innen die in die Studie eingeschlossen werden, werden im Rahmen der Studie operiert. Bei einem Teil der Patient*Innen bleibt die Stimulation in den ersten sechs Monaten inaktiv. Diese Patient*Innen erhalten jedoch weiterhin Botulinumtoxin-Injektionen. Im anderen Behandlungsarm der Studie wird die THS aktiviert und den Patient*Innen wird nur Kochsalzlösung („Placebo“) injiziert. In diesem Zeitraum von sechs Monaten erfolgt die Behandlung „doppelblind“, d. h. dass weder die Patient*Innen noch die beurteilende Ärzt*Innen über die Zuteilung in die Behandlungsarme informiert ist. Die Zuordnung zu einer der beiden Behandlungenarten in diesen 6 Monaten erfolgt zufällig. Nur so ist ein objektiver Vergleich der Behandlungsmethoden möglich. Im Anschluss an die 6 Monate (Prüfzeitraum) werden alle Patient*Innen mit der tiefen Hirnstimulation behandelt.
HOMEPAGE UND KONTAKT
Nähere Informationen über das Projekt und eine mögliche Studienteilnahme finden Sie auf der Homepage http://www.dystract.cio-marburg.de/de/forschung/projekte/stimtox-studie. Für Rückfragen steht Ihnen auch der Ärztliche Studienkoordinator Dr. med. Thorsten Odorfer zur Verfügung (Oberarzt am Universitätsklinikum Würzburg, Josef-Schneider-Str. 11, 97080 Würzburg; Telefon 0931/201-0, Odorfer_Tukw.de).
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Seit KW 16 hat die Deutsche Gesellschaft für Neurologie ein Update der S1-Leitlinie für die Behandlung von Dystonien publiziert.
Die THS wird in den Behandlungsalgorythmen aufgrund der klinischen Ergebnisse deutlich häufiger und früher empfohlen.
Das Wesentliche:
Die ganze Leitlinie hier (bitte anklicken)